Schülerprojekttage 2019 – Raum und Zeit für Experimente

Eintauchen in Prozesse – der Weg ist das Ziel

Hürth/Wesseling. Entwerfen, Formen, Ziehen, Pressen, Drehen, Schmelzen, Trocknen, Suchen, Finden, Hören, Riechen, Schmecken, Eintauchen, Vertiefen, Fertigstellen: Auch in diesem Jahr boten die Schülerprojekttage an beiden Standorten des Goldenberg Europakollegs wieder Raum und Zeit für einen anderen Umgang mit Materialien und Methoden – losgelöst von der starren Form des Stundenplans mit seinen kurzen Zeiteinheiten. Ingo Schlierbach, Stefan Wilhelmi und Michael Gropp sind die Lehrer, die monatelang die Projektwahl und den Ablauf der drei Tage organisiert haben. Sie sind es auch, die beschlossen haben, die Projekttage nicht mit einem konventionellen Präsentationstag enden zu lassen. Die Überlegung dahinter erklärt Ingo Schlierbach: „Wir wollen den Schülerinnen und Schülern den Raum bieten, in Prozesse einzutauchen und sich so auf Materialien und Methoden zu konzentrieren. Der Fokus auf ein Endprodukt für eine Präsentation schränkt diese Entdeckerlust stark ein.“ Stefan Wilhelmi ergänzt: „Projektgruppen, die ein fertiges Produkt herstellen, haben Gelegenheit, diese auf dem Tag der offenen Tür am 2. Februar vorzustellen.“

Ein gutes Beispiel für Entdeckerlust ist das Projekt „Nähen ist Männersache“. Die Projektinitiatoren, alles männliche Schüler aus der Gestaltungs-Abiturklasse, wussten, dass sie es mit absoluten Anfängern zu tun haben, die erste Schritte mit Nadel und Faden unternehmen. Und tatsächlich wird wohl niemand den Bikini anziehen, der hier am ersten Tag genäht genäht wurde. Aber Timo (20), Metallbau-Azubi, sieht schon eine deutliche Verbesserung zwischen seiner ersten und zweiten Naht und ist stolz darauf.

Im Projekt „Herstellung von Gegenständen für den (Schul)-Alltag“ lernten Schüler den Umgang an der computergesteuerten CNC-Drehmaschine kennen. Lukas (24), Azubi in der Oberstufe der Land- und Baumaschinenmechatroniker, stand zum ersten Mal der Drehmaschine und fand es „toll“.

In der Projektgruppe „DIY – Gestalte ein Statement Piece für die Wand“ stand zunächst die Beschäftigung mit unterschiedlichen Materialien an. Die Schülerinnen und Schüler sammelten im Wald Naturmaterialien wie Blätter, Beeren, Äste und Zweige ein, die sie anschließend teilweise einfärbten. Hieraus formten die Jugendlichen 3D-Collagen – alles Unikate.

Am Standort des Goldenberg Europakollegs in Wesseling fanden zeitgleich die Schülerprojekttage statt. Auch hier leiteten die Schülerinnen und Schüler ihre selbst ausgearbeiteten Projekte eigenständig.

Die Gruppe „DIY Ultimative Kettenreaktion“ erschuf – passend für das Goldenberg Europakolleg – eine so genannte Goldberg-Maschine. Das sind Anordnungen von Geräten oder Elementen, die eine bestimmte Aufgabe konsequent, allerdings auf äußerst umständliche – dafür unterhaltsame – Art und Weise erledigen. Bei dieser Anordnung bauten die Schüler mehrere tausend Dominosteine aus Holz und Plastik auf einem selbst entworfenen und gebauten Parcours in einem Klassenzimmer auf. Einmal in Gang gesetzt, soll der letzte Stein eine Kaffeemaschine starten. Neben der praktischen Arbeit beschäftigten sich die Schüler auch mit den physikalischen Gesetzmäßigkeiten einer Kettenreaktion. Sie fanden heraus, welche Beziehung zwischen Ursache und Wirkung besteht und wie die Energie sich über die Versuchsanordnung bewegt.

Um die „Herstellung von Biokunststoffen“ ging es in einem der Wesselinger Laborräume. Grundlage für die Kunststoffe sind haushaltsübliche, natürliche Alltagsmitteln wie Kartoffel- und Maisstärke, die mithilfe von Glycerin die Verbindung zu einem Kunststoff eingehen. Diese Kunststoffe – bunt eingefärbt mit Lebensmittelfarbe – bieten sich beispielsweise als Verpackungsmaterial für Lebensmittel an, da sie keine toxischen Stoffe absondern können. Am letzten Tag evaluierten die Schüler die Eigenschaften der Biokunststoffe bezüglich ihrer Löslichkeit, Schmelzfähigkeit usw. und verglichen sie mit herkömmlichen, industriell hergestellten Kunststoffen.

Weitere Projekte aus Wesseling findet ihr hier.

Ab hier geht’s weiter mit den Hürther Projekten:

Eine Schule mit tausend Facetten darzustellen, die verschiedenen Kulturen und Stile, hatte sich das Projekt „Vielfalt am Goldenberg“ vorgenommen. Dazu bauten die Schülerinnen und Schüler ein professionelles Fotostudio mit Stativ und Lightbox auf und luden Schüler und Lehrer dazu ein, sich porträtieren zu lassen. Musikalisch untermalt wurde die Aktion durch Schüler aus anderen Gruppen, welche das Keyboard entdeckten und einen Electro-Swing-Song in die Tasten schmetterten. Am Ende werden alle Portraits zu einem gemeinsamen Motiv zusammengefügt, das die Goldenberger Vielfalt verdeutlicht.

 

Unter dem Motto „Kein Bock auf Mainstream“ designte eine Schülergruppe ihr eigenes, individuelles T-Shirt. Die Entwürfe gestalteten die Jugendlichen am PC mithilfe der Software „Illustrator“, einem wichtigen Tool in der Grafikszene. Am Schluss nutzten sie den schuleigenen Plotter in der Werbetechnik-Werkstatt, um die T-Shirts herzustellen.

Eine weitere Projektgruppe beschäftigte sich mit dem Nähen. Sie stellten aus alten Stoffresten „Dinkelkissen“ her, die gut als Wärmespender genutzt werden können. Erstaunlicherweise war auch hier der Jungenanteil sehr hoch. Die Schülerinnen und Schüler waren so produktiv, dass sie bereits am Ende des ersten Tages alle Dinkelkörner aufgebraucht hatten und erst einmal Nachschub beschaffen mussten.

Die Gruppe „Bookaholics“ machte aus ihrer Leidenschaft ein Projekt: Sie lasen Bücher, stellten Bücher vor und lernten so neue lesenswerte Bücher kennen. Aber auch der Hintergrund der Bücherwelt wurde erkundet – so führte eine Bibliothekarin die Jugendlichen durch die Stadtbücherei Hürth und sie besuchten eine Buchhandlung. Dort erfuhren sie, welche Marketingstrategien Buchläden heute einsetzen, um gegenüber dem Onlinehandel eine Wettbewerbschance zu haben.

„Kunst aus Metall“ stellte eine Projektgruppe her, die zeigen wollte, dass auch in der Metallwerkstatt Raum für kreatives Arbeiten ist. Metallreste, Schrauben und Muttern verwandelten sie in kleine Figuren. Es wurde geschraubt, gelötet und gehämmert.

Unter dem Motto „Make Goldenberg bunt again – Pimp your Trash!“ versuchte ein Projekt, die Umweltverschmutzung zu regulieren. Aus gesammelten Müll fertigen sie Motive an, die auf die Mülleimer in der Schule aufmerksam machen. Damit wollen sie die Schülerinnen und Schüler des Goldenberg Europakollegs auf die richtige Müllentsorgung aufmerksam machen, da zu viel Müll neben den Mülltonnen landet.