Malerazubis on Tour

Goldenberger Schüler profitieren von Spezial-Workshops der Sto-Stiftung

Hürth/Darmstadt/Rumänien. Seit mehr als 15 Jahren fördert die gemeinnützige Sto-Stiftung junge Menschen in handwerklicher und akademischer Aus- und Weiterbildung. Die Maler*innen-Abteilung des Goldenberg Europakollegs freut sich über zwei erfolgreiche Bewerbungen ihrer Azubis.

Los geht es im Frühjahr dieses Jahres, als Lehrerin Katharina Funken-Deubel zwei Flyer der Sto-Stiftung durch die Reihen der Malerinnen und Maler gibt. Angeboten werden ein MetalCamp (Darmstadt) und ein DenkmalCamp (Rumänien). Einige Azubis schauen interessiert, andere geben den Werbeträger weiter. Wieder andere bewerben sich direkt nach der Absprache mit dem jeweiligen Ausbildungsbetrieb.

„Wir haben unserem Azubi die Chance eröffnet, an dem Camp teilzunehmen, da er sich in den vergangenen 1,5 Jahren über den Tellerrand hinaus für alternative und historische Beschichtungssysteme interessiert hat“, sagt Marcel Jongens Chef, Frank Marx. „Aufgrund seiner Neugierde und seines Einsatzes für die Firma und das Marx-Team hatte er sich die Möglichkeit verdient. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass seine gewonnene Erfahrung ein Zugewinn für ihn und uns alle ist.“

„Jede Fort- und Weiterbildung prägt einen für den weiteren Lehr- und Berufsweg. Daher sollte man einem Azubi, der sich aktiv verbessern will, die Gelegenheit immer geben“, sagt auch Heiko Schorn, Vorsitzender im Prüfungsausschuss der Maler- und Lackierer-Innung in Frechen auf die Frage, warum er seinen Azubi Léon für das MetalCamp von der Arbeit freigestellt habe.

Nur vier Monate später, im August 2022, steht Marcel Jongen vor seiner Klasse. Durch Fotos und Videos untermalt berichtet der Malerazubi über eine einzigartige Erfahrung.

In den Sommerferien ermöglichte es die Sto-Stiftung insgesamt 20 Maler*innen-Azubis im zweiten Lehrjahr, in Absprache mit dem Denkmalamt in Sibiu (Rumänien), aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, in einem DenkmalCamp mitzuarbeiten. Vom 29.07. bis 07.08.2022 wirkte Mittelstufenschüler Marcel Jongen an der Restaurierung der mittelalterlichen Kirchenburg sowie des zugehörigen Pfarrhauses mit Wehrturm in Martinsdorf (Siebenbürgen) mit.

Einmalig in Europa findet man in Siebenbürgen noch etwa 150 teilweise gut erhaltene historische Kirchenburgen und Wehrkirchen, die einst zur Verteidigung gegen Angriffe erbaut wurden. Dieser Fakt wäre im Unterricht vielleicht untergegangen – an dem lebendigen Vortrag von Marcel waren jedoch alle gleichermaßen interessiert.

Sein Bericht beginnt damit, dass es im Pfarrhaus, in dem die Gruppe in Schlafsäcken übernachtete, kein angeschlossenes Wasser gab. „Einerseits musste aus diesem Grund jeden Morgen jemand circa 3 Stunden Weg auf sich nehmen, um Wasser zu holen“, erklärt Jongen und ergänzt „andererseits konnten wir aufgrund des fehlenden Wassers aber auch keine Fassadenarbeiten beginnen. Das kann man nicht mit dem Arbeiten bei uns vergleichen“.

Auf die Frage, was er aus Malersicht in den zehn Tagen dazugelernt habe, zeigt Jongen Fotos von Kalkputzarbeiten, Graumalerei an Stuckleisten und freigelegten Gemälden. „Das sind Arbeiten, die 3000 Jahre alt sind. Das ist schon beeindruckend“, kommentiert er ein Bild, das eine alte Raummalerei erahnen lässt.

Neben Restaurationsarbeiten zeigen die Fotos auf dem Whiteboard des Klassenzimmers abendliche Lagerfeuer, leckeres Essen und jede Menge lachende Gesichter. Des Weiteren erzählt Marcel Geschichten von kulturellen Besichtigungen, freilaufenden Hunden, Wölfen und einem Geburtstagsständchen für die Dorfälteste. Aber auch von fachlichen Fakten wird berichtet, wie z. B. von den 23 Schichten Leimfarbe im Pfarrhaus.

Marcel möchte auf jeden Fall an weiteren Camps der Sto-Stiftung teilnehmen und dadurch weitere tolle Erfahrungen sammeln – fachlich wie menschlich.

Leon Averdung, ebenfalls Azubi im zweiten Lehrjahr, befindet sich am Tag von Marcels Vortrag ebenfalls in einem von der Sto-Stiftung unterstütztem Camp. Eine Woche später berichtet auch er der Klasse von seinen Eindrücken und Erfahrungen. Er berichtet über ein einzigartiges Pilotprojekt, welches der Landesverband Farbe, Gestaltung und Bautenschutz Hessen nun im zweiten Jahr auf die Beine gestellt hat. Vom 22.-28. August trafen sich 18 ausgewählte Maler- bzw. Kirchenmaler-Auszubildende im Hotel Jagdschloss Kranichstein in Darmstadt zum Heavy Metal Workcamp.

Leon sagt überzeugt: „Das war eine richtig geile Zeit, in der ich richtig viele Erfahrungen gemacht habe! Wir haben viel gesehen und gemacht. Theorie gab es am Anfang auch. Aber zum Glück nicht so viel.“

Historische und moderne Metallbeschichtungstechniken wurden vormittags in der Werkstatt vermittelt und die Azubis fertigten unter professioneller Anleitung eigene Werkstücke an: „Auch samstags ging das Programm bis 16.00 Uhr“.

Leon präsentiert ein strammes Wochenprogramm und auch Vorlagen der Projekte sowie sein erworbenes Zertifikat der Veranstaltung. Er hat sogar zwei seiner insgesamt fünf Werkstücke dabei: Die „Hinter-Glas-Vergoldung“ wandert genauso durch die Reihen wie die von ihm gefertigte „Polimentvergoldung“. Der Bitte, vorsichtig mit den Platten umzugehen, kommt die Klasse nach und untersucht die gefertigten Stücke genau per „Augenscheinprüfung“. Fotos der „Liquid Metal Arbeit“, „Kupferoxidtechnik“ und „Ölvergoldung“ werden ans Whiteboard geworfen.

Auch im HeavyMetalCamp wurde, ähnlich wie im rumänischen Workshop, kulturell einiges geboten. So fanden viele themenbezogene Außentermine in und um Frankfurt statt: Unter anderem die Goldkammer, die Altstadt Frankfurt und die Darmstädter Mathildenhöhe wurden gemeinsam besichtigt.

Innerhalb eines Besuchs in der Tapeten-Manufaktur „Julius Hembus“ lernten die Auszubildenden viel über historische Tapeten. Leon zeigt in der Berufsschule dazu einen kurzen Film über das Siebdruckverfahren.

Warum Leon das HeavyMetalCamp auch anderen empfehlen würde? „Man kann auf der einen Seite viele Leute kennenlernen, die den gleichen Beruf teilen, aber unterschiedliche Sachen machen. Es waren zum Beispiel viele Kirchenmaler dabei. Das kennt man hier ja gar nicht so. Vergoldung ist für Maler in NRW nicht alltäglich.“ Zudem schiebt er hinterher: „Jedes Zertifikat mitnehmen, das man kriegen kann!“

Der Bildungsgang des Malerhandwerks des Goldenberg Europakolleg freut sich über die Praxiserfahrungen der beiden Azubis und möchte auch im nächsten Jahr wieder dazu anregen, sich dort zu bewerben.

Bildnachweise: Marcel Jongen/Léon Averdung